Hochkarätiges Sonntagskonzert

Rezension "Neue Osnabrücker Zeitung"

vom 30. Juni 2015

 

Konzert am 28. Juni 2015

Hagen a. T. W.

Bürgerhaus Natrup-Hagen

 

Programm

Mozart: Divertimento F-Dur KV138

Mendelssohn: Quartett D-Dur op. 44/1

Schumann: Quartett A-Dur op. 41/3


Hagen. Die Weltlage an diesem Sonntagnachmittag: unverändert düster. Da gelingt es in einer stillen Seitenstraße einem vorzüglichen Quartett, ein paar Wolken beiseite zu schieben. Burkhard Schmidt, Constantin Hilgert, Marlies Eckelt und Tobias Köhler realisieren die im Divertimento KV 138 noch uneingeschränkt geltende still-edle Norm von Größe und Einfalt (übrigens eine altgriechische Signatur) und gestalten so eine Eröffnung, die Hoffnung macht, dass auf der Welt doch noch alles gut werden kann.

 

Das Bürgerhaus Natrup-Hagen ist ein fabelhafter Ort für die besondere Kulinarik der Kammermusik; ein wenig abgeschieden vom Durchgangsverkehr und irgendwie auch von musikalischem Fastfood. Freundliche Architektur, zudem eine feine Akustik. In solch maßgeschneiderter Kulisse spielt mit dem 2003 gegründeten Alando-Quartett ein Ensemble, das mit Präzision, gleichsam zeichenlosem Einvernehmen und höchster Musikalität Kunst und Tugend der hehren Gattung mustergültig repräsentiert.

 

Der unglaublich originell-prägnante Hauptgedanke, den Mendelssohn-Bartholdy an den Beginn seines op. 44, 1 stellt, folgt den Zuhörern noch ins Foyer – einer muss das absolute Gehör haben, er pfeift es getreulich in D. Eine Dame antwortet in der Oberquinte – höchst verständiges Auditorium.

 

Das Andante ein vierstimmiges Lied ohne Worte; dennoch spricht es – und wie!

 

Mit dem energiegeladenen Presto ist das Quartett vollkommen bei sich selbst, packt vehement an, macht geradezu belebend Druck. Hier wie in den delikaten gedämpften sotto voce-Passagen gleichermaßen sind die Musiker zu Hause.

 

Noch höhere Sinnbezirke – versponnenere zumal – beschreitet das Quartett nach der Pause, bringt mit Schumann romantisches Wesen am unmittelbarsten zur Erscheinung. Welches Maß an Konzentration gefordert ist, im Kopfsatz sphärische Harmonik und metrisch Vertracktes zur Sprache zu bringen, mithin: verstehbar zu machen! Befreiend und klärend nehmen die Musiker das Assai agitato an, betont sonor färben sie den elegischen Ton des Adagios. Das geradezu burlesk-rockige Finale bringt skandinavisches Landleben vor Augen. Grandioser Abschluss. Aber man verlangt nach mehr, auch bei freiem Eintritt. Also nochmals Mozart, 3. Satz.

 

Das perfekte Zusammenspiel der Alandos steht für das, was Streichquartett an sich ist: Schule herrschaftsfreier Kommunikation, Gleichberechtigung von Rede und Gegenrede, Frage und Antwort, Einspruch, Annahme und Ablehnung, Diskurs eben – eine zutiefst demokratische Angelegenheit. Ein Ideal.

 

Die veranstaltende Jugendmusikschule Hagen und weitere namhafte Institute im Münster- und Osnabrücker Land werden wissen, dass in ihren Reihen Künstlerpersönlichkeiten von Rang für das Gedeihen anspruchsvoller musikalischer Bildung arbeiten.

 

(Hanno Pieper, Neue Osnabrücker Zeitung vom 30.06.2015)