Sternstunde der Kammermusik

Rezension "Neue Westfälische"

vom 5. September 2023

 

Sonntag, 3. September 2023

16.30 Uhr

Abteikirche Marienfeld

Klosterhof 11 | 33428 Harsewinkel-Marienfeld

 

Programm:

Beethoven: Streichquartett F-Dur op. 18/1

Schumann: Streichquartett a-Moll op. 41/1

Das Alando-Quartett mit (v. l.) Burkhard Schmidt (Violine), Constantin Hilgert (Violine), Marlies Eckelt (Viola) und Tobias Köhler (Violoncello). Foto: privat
Das Alando-Quartett mit (v. l.) Burkhard Schmidt (Violine), Constantin Hilgert (Violine), Marlies Eckelt (Viola) und Tobias Köhler (Violoncello). Foto: privat

Alando-Quartett aus Münster überträgt in der Marienfelder Abteikirche Gefühlstiefe von heiter bis melancholisch in Musik.

Marienfeld. Zahlreiche Liebhaberinnen und Liebhaber klassischer Musik versammeln sich am Sonntag in der Marienfelder Abteikirche, um die kammermusikalische Premiere des Alando-Quartetts aus Münster zu erleben. Musiker und Publikum zieht es dabei an einen intimen Ort. Künstlerischer Leiter Winfried Klasmann hat den Chorumgang als Aufführungsort bewusst gewählt, um Musik und Musiker im direkten Kontakt unmittelbar zu erleben, so wie es einst in der fürstlichen „Kammer“ üblich war.

 

Seit 20 Jahren musizieren die Mitglieder des Alando-Quartetts auf meisterhaftem Niveau gemeinsam unter diesem Namen. Sie bringen zwei kontrastreiche Streichquartette großer deutscher Komponisten mit: Das Streichquartett F-Dur op. 18/1 von Ludwig van Beethoven und das Streichquartett a-Moll op. 41/1 von Robert Schumann.

 

Als Beethoven mit der Komposition seines ersten Opus von Streichquartetten begann, war er etwa 30 Jahre alt und kein junger Komponist mehr, anders als Mozart, der mit 14 sein erstes Quartett schrieb. Mozart und Beethovens Lehrer Haydn schufen Quartett-Meilensteine, die für spätere Komponisten ein erdrückendes Erbe bilden. Bevor Beethoven sein Quartett-Gesellenstück im Jahr 1801 in Druck gab, hatte er es noch einschneidend überarbeitet. Doch als Neuling im Quartett-Genre gab er auf Anhieb der Gattung entscheidende neue Impulse. Mit dem Verschmelzen von motivisch-thematischer Arbeit und harmonischer Abwechslung, dem plötzlichen, überraschenden Umschlagen der Tongeschlechter erschuf er einen neuen Stil, in dem sich seine künstlerische Autonomie  manifestiert.

 

Dies offenbart sich kontrastreich und besonders reizvoll während der ersten beiden Sätze, in dem das Alando-Quartett konzentriert und zugleich passioniert ein Wechselspiel der Gefühle erzeugt. Schwungvoll-heiter, mit eingängigem Zweitaktmotiv, beginnt das „Allegro con brio“. Als wiederkehrendes, variierendes Thema durchzieht es den 1. Satz, während man dem 2. Satz, einem pathetisch-melancholischen d-moll-Adagio „affettuoso ed appassionato“, nachsagt, Beethoven habe nach dem literarischen Vorbild einer Tragödie gearbeitet: der Sterbeszene aus „Romeo und Julia“. In den teils kurzen, spannungsgeladenen Pausen konnte man eine Stecknadel fallen hören. Die vier Streicher tragen es in wunderbar wehmütig-theatralischem Dialog der Instrumente vor, in dem die Violinen wie mit rau belegter Stimme klagen. Mit einem wirbelnd-leichten „Scherzo“ und einem „Allegro“ endet Beethovens bahnbrechendes Streichquartett.

 

„Als Robert Schumann sein Streichquartett a-Moll komponierte, hat er nicht nur Mozart und Haydn, sondern auch noch Beethoven am Hals gehabt“, erläutert Cellist Tobias Köhler zur Einführung des zweiten Teils. Schumann war mit seinen 32 Jahren ebenfalls Genre-Neuling, seine drei Streichquartette op. 41 entstanden in einem Zug innerhalb weniger Wochen, die Nr. 1 sogar innerhalb von sieben Tagen. Pünktlich zum Geburtstag seiner Frau Clara am 13. September 1842 lagen sie vollendet auf ihrem Gabentisch. Er widmete sie seinem Freund Felix Mendelssohn, der sie nach ersten privaten Aufführungen sehr gelobt habe. Selbstbewusst schrieb Schumann seinem Verleger, dass er mit seinen neuen Werken „keine Mühe gespart, etwas recht Ordentliches hervorzubringen“ und „sein Bestes“ gegeben habe.

 

Clara Schumann war damals „bis ins Kleinste entzückt“. Auch die Musiker des Alando-Quartetts geben ihr Bestes. Mal sind die Streicher zart und leise wie im „Andante espressivo – Allegro“ in ein intimes Gespräch vertieft, um im „Scherzo“ temporeich umeinander zu tänzeln. Mit einer flotten Zugabe aus dem C-Dur-Quartett von Mozart endet das gelungene Debüt des Quartetts in der Abteikirche.

 

(Klaudia Kretschmer, Neue Westfälische vom 5. September 2023)